Keine weitere Beteiligung bewaffneter deutscher Soldaten an der NATO-geführten Operation im Mittelmeer

Die Bundesregierung will die Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der NATO-geführten Operation ACTIVE ENDEAVOUR (OAE) im Mittelmeer weiterführen. Mehr als 14 Jahre nach den Anschlägen vom 11. September zieht sie als Grundlage der Mission immer noch die Ausrufung des NATO-Bündnisfalls nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrages heran. Diese Begründung ist schon seit längerer Zeit nicht mehr haltbar, erklärt Frithjof Schmidt in seiner Rede vom 17. Dezember 2015.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon fast ein Ritual: Seit vielen Jahren diskutieren wir regelmäßig einmal im Jahr über die Operation Active Endeavour im Mittelmeer. Aber seit wenigstens zwei Jahren sind wir uns alle in diesem Parlament in einer Hinsicht einig: Die Begründung dieses Einsatzes mit dem Bündnisfall nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags ist völkerrechtlich hoch problematisch, zumindest jedoch schon lange überholt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

14 Jahre nach dem schrecklichen Anschlag auf das World Trade Center in New York einen Einsatz im Mittelmeer mit der amerikanischen Verteidigung gegen den Terror zu begründen, das ist nicht nur anachronistisch, das ist absurd.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Aber das wissen Sie ja auch: Die Bundesregierung strebt zu Recht eine Entkopplung dieses Einsatzes von Artikel 5 des Nordatlantikvertrags an und beschreibt die konkrete Bedrohungslage, auf die reagiert werden soll, in der Begründung des Mandates als „abstrakt“. Das ist wohl ein anderes Wort für „nicht konkret vorhanden“.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Matthias Ilgen (SPD): Präventiv!)

Sie drängt entsprechend auch auf eine Veränderung des Operationsplanes. Das ist alles richtig.
Aber die NATO-Partner haben Ihnen jetzt mehrere Jahre hintereinander eine Abfuhr erteilt. Mit all diesen Forderungen konnten Sie sich in der NATO bisher nicht durchsetzen. Was ist jetzt Ihre Lösung? Sie wollen erneut eine Verlängerung dieses Mandates beschließen, das Sie selbst so schlecht finden. Dafür wollen Sie weiter bis zu 500 Soldatinnen und Soldaten abkommandieren. Das ist nicht nur anachronistisch, sondern auch politisch unsinnig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, wenn Sie die völkerrechtliche Grundlage für überholt halten, wenn Sie die Bedrohungslage nicht konkret erkennen können und wenn Sie den Operationsplan in wichtigen Punkten für falsch halten, dann dürfen Sie die Bundeswehr nicht in einen solchen Einsatz schicken, auch nicht für ein halbes Jahr.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Damit diskreditieren Sie nämlich alles, was wir sonst gemeinsam über Mandatsklarheit sagen.
Auch ganz praktisch macht das alles überhaupt keinen Sinn; denn das, was da im Rahmen dieses Mandates wirklich gemacht wird, das sind die Seeraumüberwachung und die Erstellung eines Lagebildes. Das sind alles Routineaufgaben, die die NATO im Mittelmeerraum im Normalfall sowieso durchführt. Dazu bedarf es keiner Sondermission.
Sie versprechen sich und uns jetzt, dass dies in einem halben Jahr anders wird. Ich kann nur sagen: Dann sollten Sie die Beteiligung an dieser Sondermission aussetzen – das haben Sie übrigens 2013 schon einmal einen Monat lang gemacht -, bis die NATO in einem halben Jahr auf ihrem Gipfel endlich die von Ihnen und auch von uns geforderten Korrekturen beschließt.
Sie sollten sich selbst und Ihre Kritik an diesem Mandat ernst nehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vermutlich würden Sie damit mehr politischen Druck entfalten als mit allem anderen, was Sie bisher versucht haben und was ja nichts genützt hat.
Wir fordern Sie auf, endlich praktische Konsequenzen aus Ihren Einsichten zu ziehen. Es ist falsch, einem Mandat, das man selbst schlecht findet und das praktisch überflüssig ist, zuzustimmen. Meine Fraktion wird das Mandat deshalb auch diesmal ablehnen.
Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

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