Rede zur UN Mission UNMIL in Liberia

Nach 14 Jahren Bürgerkrieg, konnte die UN Mission UNMIL in Liberia den 2003 ausgehandelten Waffenstillstand erfolgreich überwachen, die Entwaffnung der Krieger organisieren und den Staatsaufbau unterstützen. Frithjof Schmidt begründet in seiner Rede im Deutschen Bundestag, wieso er nachdrücklich empfiehlt dieser Mission, die nun in die entscheidende Phase der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die liberianische Regierung kommt, zuzustimmen.

Rede vom 7.5.15 zum Bundeswehreinsatz im Rahmen von UNMIL in Liberia

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Wolfgang Gehrcke, das vereinfachte Verfahren gibt es ja nun schon seit Jahren. Das muss also nicht neu eingeführt werden. Insofern sollte man einfach immer von der Sache her beurteilen, ob das sinnvoll ist oder nicht. Ich will einfach sagen: Da es im Kern darum geht, dass ein deutscher Offizier die Leitung einer sehr wichtigen UN-Mission übernimmt und noch zwei bis vier Mitarbeiter mitbringen darf, hätte meine Fraktion einem vereinfachten Verfahren zugestimmt, weil wir finden, dass das in der Tat ein Fall ist, bei dem man das tun kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich finde es aber überhaupt nicht schlimm, dass wir jetzt einmal Gelegenheit haben, eine halbe Stunde über die Situation in Liberia zu diskutieren. Insofern hat das Ganze auch eine nützliche Seite; denn das Thema verdient dies schon.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte deswegen auch noch einmal darauf hinweisen, warum wir diese Mission unterstützen wollen. Das hat mir bei Ihrem Beitrag ein bisschen gefehlt. Ich habe auch nicht ganz verstanden, ob die Linke die UNO und ihre Arbeit in Liberia jetzt unterstützen will oder nicht.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Nein, das wollen sie nicht!)

Das ist ja eigentlich die politisch wichtige Frage. In Liberia hat 14 Jahre lang einer der schlimmsten Bürgerkriege auf dem afrikanischen Kontinent getobt. Das war wirklich brutal. Und es war eine ganz große Herausforderung für die UNO, dort 2003 nicht nur den Waffenstillstand zu stabilisieren – das war einer der wenigen Fälle, wo so etwas einmal erfolgreich war –, sondern auch die Bürgerkriegsparteien zu entwaffnen. Deswegen machte es in diesem Fall auch Sinn, auf Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen zurückzugreifen, weil man eine Entwaffnung nicht ohne Weiteres hinbekommen hätte, wenn man nicht die entsprechenden Möglichkeiten dazu hat.
Die UNO musste in diesem völlig zusammengebrochenen Land alle Staatsaufgaben übernehmen, weil fast alle Strukturen zusammengebrochen waren. Das ging weit über das klassische Peacekeeping hinaus. Jetzt sind sie seit zwölf Jahren da, und nach diesen zwölf Jahren gibt es in der Bilanz natürlich Licht und Schatten. Auch UNMIL konnte die Korruption im Land nicht eindämmen, und noch immer funktioniert vieles in Liberia nicht gut. Trotzdem muss man sagen: UNMIL war und ist eine der erfolgreichsten Missionen der Vereinten Nationen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)

Es konnte eine stabile Staatsstruktur aufgebaut werden. Es ist wirklich gelungen, einen politischen Versöhnungsprozess im Land anzustoßen; das ist eine große Leistung. Das Ansehen der UN-Soldaten bei den Bürge-rinnen und Bürgern Liberias ist sehr hoch. Die politische Lage ist wieder stabil. 2005, 2011 und 2014 konnten Wahlen durchgeführt werden, die das Wort „Wahlen“ wirklich verdient haben, und mit Ellen Johnson Sirleaf wurde 2005 auch die erste afrikanische Präsidentin gewählt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Niels Annen [SPD])

Man kann also sagen: Es gibt dort eine demokratische Entwicklung. Das ist mehr, als man über viele andere Krisenländer, in denen man interveniert hat, sagen kann. Deshalb unterstützt meine Fraktion diese UN-Mission wirklich nachdrücklich, und deshalb ist es auch richtig, dass sich Deutschland dort etwas stärker – so viel ist es ja nicht, aber das will ich gar nicht weiter kritisieren – engagiert.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Man kann einfach festhalten: Liberia ist noch lange nicht am Ziel. Justiz- und Sicherheitsreformen müssen durchgeführt werden. Der Wiederaufbau einer funktionsfähigen Polizei muss vollendet werden. Humanitäre Unterstützung ist weiterhin nötig. Wir haben bereits über die Ebolakrise gesprochen. Dafür, dass man diese Epidemie überhaupt einigermaßen in den Griff bekommen konnte, war die Tatsache ganz zentral, dass UNMIL staatliche Strukturen wiederaufgebaut hatte und dort auch aktiv Hilfe geleistet hat. Auch in diesem Zusammenhang ist diese Mission ungeheuer wichtig gewesen.
UNMIL ist jetzt in einer entscheidenden Phase. Bis 2016 soll die Sicherheitsverantwortung an die liberianische Regierung übergeben werden. Von ehemals 15.000 Soldaten sind jetzt noch etwa 4.500 im Land. Die Anzahl soll weiter heruntergefahren werden. In dieser entscheidenden Phase hat die UNO einen deutschen Kandidaten für die stellvertretende Leitung der Mission ausgewählt und bittet nun Deutschland, diesen und bis zu vier weitere Soldatinnen und Soldaten für die Arbeit in UNMIL freizustellen. Dazu kann ich nur sagen: Das ist gut; und wenn wir der UN-Mission an zentraler Stelle helfen und sie stärken können, dann sind wir dafür.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)

Letzte Bemerkung. Wenn wir die vielen internationalen Krisen sehen, dann ist für uns die Stärkung der Vereinten Nationen auf allen Ebenen das politische Gebot der Stunde. Das gilt auch und gerade für den Peace-keeping-Bereich. Die UNO stellt immer wieder drängende Anfragen, und wir sollten unsere Fähigkeiten so aus- und umbauen, dass wir verstärkt helfen können. Für uns gehört das ins Zentrum der sicherheitspolitischen Diskussion. Ich empfehle meiner Fraktion nachdrücklich, diesem Mandat zuzustimmen.
Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

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