Rede: Aktuelle Stunde zur Ukraine

Angesichts der Krise in der Ukraine betont Frithjof Schmidt, dass eine politische Lösung gefunden werden muss. Die Bemühungen um Verhandlungen und Deeskalation müssen fortgeführt werden. Neue Verhandlungen in Genf sind dafür der richtige Weg. Darüber hinaus muss die Rolle der OSZE gestärkt werden.

Die Rede wurde während der Aktuellen Stunde der 32. Plenarsitzung am 07.05.2014 gehalten.

Vizepräsident Peter Hintze:

Als Nächstem erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Frithjof Schmidt, Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle haben große Sorge vor einer weiteren militärischen Eskalation in der Ukraine, vor Bürgerkrieg und Krieg in Europa. Es gibt noch die Hoffnung, dass die Initiativen zur Vermittlung und Verhandlung dies noch stoppen können. Es kann und muss doch noch eine politische Lösung für die Ukraine geben. Wir blicken deshalb heute mit großer Anspannung auf die Reise von Didier Burkhalter, dem OSZE-Präsidenten, nach Moskau und auch mit großem Interesse auf den heutigen Besuch von Herr Poroschenko hier in Berlin.

Herr Außenminister, ich will hier jenseits der üblichen Rituale von Opposition und Regierung sagen: Sie haben in dieser Krise mit großem Engagement und Augenmaß gut gehandelt, und Sie haben unsere volle Unterstützung, wenn Sie versuchen, eine zweite Konferenz in Genf zustande zu bringen. Das ist notwendig und richtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU)

Wir Grünen ermutigen Sie, im Kampf um eine Verhandlungslösung nicht nachzulassen. Das ist ein mühseliger Prozess. Es gibt Rückschläge, Enttäuschungen und Provokationen; aber es gibt für die internationale Gemeinschaft keine vernünftige Alternative zu den Bemühungen um Verhandlungen und Deeskalation. Deshalb ist die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa auch die richtige Institution, um diesen Prozess voranzubringen.

Die Rolle der OSZE muss gestärkt und ausgebaut werden, gerade jetzt, wenn es um die Durchführung der Präsidentschaftswahlen am 25. Mai geht. Es braucht viele OSZE-Beobachter im Land. Deshalb habe ich auch keine Kritik an der Mission von unbewaffneten Militärbeobachtern zur Sicherheitslage in der Ukraine, die nach den Wiener Regeln erfolgt ist, bei der OSZE gemeldet war und so im OSZE-Rahmen stattgefunden hat. Hier irren Herr Gauweiler und Herr Gehrcke gemeinsam.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD   Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das wäre nicht das erste Mal!)

Es ist gut, wenn die Bundesregierung den Ablauf dieser Mission noch einmal genau überprüft. Aber grundsätzlich ist gegen diese Mission nichts einzuwenden. Das gehört auch dazu, wenn wir die OSZE stärken wollen.

Das alles kann aber direkte Verhandlungen zwischen den Akteuren nicht ersetzen. Deswegen ist die Initiative für ein zweites Genf so wichtig. Entscheidend ist, ob es gelingt, Russland endlich von seiner Destabilisierungspolitik gegenüber der Ukraine abzubringen und zu einer konstruktiven Rolle in Bezug auf die Wahlen am 25. Mai zu bewegen. Hier liegt der politische Schlüssel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wichtig ist zum Beispiel, dass Russland endlich die Vorbereitung separatistischer Referenden in der Ostukraine für das kommende Wochenende eindeutig und offiziell ablehnt und verurteilt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Arnold Vaatz (CDU/CSU))

Das ist ein Gradmesser für die Ernsthaftigkeit eines Engagements. Darum bleibt es richtig, dass die Europäische Union nicht nur vermittelt, sondern auch die nächsten Konsequenzen aus ihrem Dreistufenplan zieht, wenn sich Russland weiter an der Destabilisierung der Ukraine beteiligt und die Präsidentschaftswahlen daran scheitern. Zu den Verhandlungen gehört also dazu, dass weitere gezielte Sanktionen vorbereitet werden.

Ebenso klar ist aber auch: Eine politische Lösung gibt es nur mit Zugeständnissen und Zumutungen für alle Seiten. Das muss man allen Seiten auch so klar sagen. Wichtig ist auch: Wer in dieser gefährlichen Lage eine Chance für Genf und für Verhandlungen will, darf auf gar keinen Fall mit dem Säbel rasseln. Dazu gehört, dass man nicht über einen dritten Weltkrieg schwadroniert, wie das manche in Kiew tun, und nicht die Aufrüstung der NATO und Truppenverlegungen nach Osten fordert, wie das Herr Rasmussen, der scheidende NATO-Generalsekretär, auf provokante Art macht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Herr Außenminister, ich weiß, dass Sie sich schon gegen solche Dinge gewandt haben. Wir wollen Sie ermutigen, dies weiterhin mit der nötigen Klarheit zu tun. Auch das gehört zum notwendigen Bemühen um Deeskalation.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

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