Nicht nur den Steuerzahler bluten lassen

„Die Eurokrise ist noch nicht vorbei. Wir brauchen neben einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung einen neuen Marshall-Plan für Europa“ forderte der stellvertretende Fraktionssprecher der grünen Bundestagsfraktion, Dr. Frithjof Schmidt, auf einer Veranstaltung im Kolpinghaus in Kleve. Eine ausgewogene Mischung zwischen Sparen und neuen Konjunkturhilfen sei der richtige Lösungsansatz. Die verschuldeten Länder in Europa kämen nur wieder auf die Beine, wenn ein neuer Pakt für Wachstum und Beschäftigung gebildet würde.

Auf dem von Grünen-Sprecher Bruno Joebkes geleiteten Diskussionsabend erinnerte Dr. Schmidt zunächst an die Erfolgsgeschichte der EU. Den Friedensnobelpreis bewertete er als eine verdiente Anerkennung. Dann ging er auf die seit 2007 schwelende Krise ein. In seiner engagierten Rede erinnerte er daran, dass man neben einer strukturellen Staatsschuldenkrise auch mit den Folgen einer Bankenkrise zu kämpfen habe. Oft seien, wie in den USA, Kredite für Immobilien oder andere Produkte ohne ausreichende Sicherheiten vergeben worden. Nach den ersten Insolvenzen wären gute und schlechte Kredite in ein gemeinsames Paket verpackt und in die ganze Welt weiterverkauft worden. Zum Schluss wurde Geld gemacht, ohne dass reale Werte dahinter ständen. Tauschaktionen würden von Computern durchgeführt, ohne Kontrolle und innerhalb von Sekunden.

Die Grünen sind der Ansicht, dass nicht nur der Steuerzahler, sondern auch Banken und Finanzmärkte zur Linderung der Krisenfolgen herangezogen werden müssen. Als ersten Erfolg werten sie die Einführung der Finanztransaktionssteuer, die jetzt nach langem Zögern in Deutschland und 11 weiteren europäischen Staaten eingeführt worden ist. Nach vorsichtigen Schätzungen der EU-Kommission würde die neue Börsensteuer 30 Milliarden Euro einbringen, wenn alle EU-länder sich beteiligen, sogar 57 Milliarden Euro pro Jahr.

Eine Gesundung Europas sehen die Grünen als einen langwierigen und schwierigen Weg, für den es bis jetzt keine Patentrezepte gebe. Nötig sei aber auf jeden Fall eine Regulierung der Finanzmärkte, eine europäische Bankenaufsicht und eine gemeinsame Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik. Auch die Wohlhabenden müssen für eine Überwindung der Krise herangezogen werden, eine europäisch abgestimmte Vermögensabgabe dürfe kein Tabu sein.

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